Soju, Kimchi und Alpinaweiss – Seoul
Unsere letzte Etappe, bevor es nach Deutschland geht, wartete bereits auf uns. Schon seit Wochen freuten wir uns auf unser neues Abenteuer: Seoul.
Nur zu gut haben wir noch den Ohrwurm Gangnam-Style von PSY im Ohr, mit dem dazugehörigen „Hoppe, hoppe Reiter“-Tanz. Daher waren wir sehr gespannt, welche sonst noch verrückten Sachen uns in Südkoreas Hauptstadt erwarteten.
Um ehrlich zu sein, bekam für mich Südkorea erst letztes Jahr mit Ruri ein Gesicht, bis dahin war es für mich nur Samsung, Hyundai und der WM Ausrichter im Jahr 2002. Wir lernten die sehr lustige und sympathische Ruri letztes Jahr während unseres Thai-Massage Kurses in Chiang Mai kennen. Sie erzählte uns viel über ihre Heimatstadt und machte uns neugierig und bot sich gleichzeitig als Stadtführer an, sollten wir mal vorbeikommen wollen. Natürlich wollen wir.
Fleisch ist das Gemüse
Für die ersten Tage mieteten wir uns in einem Airbnb im Studentenviertel Hongdae ein. Gleich nach Ankunft sollte es auf die erste von unzählig vielen Erkundungstouren gehen. Es war schließlich Sonntagabend und laut unserem Reiseführer im Viertel der Bär los. Er sollte recht haben. Überall konnte man Leute auf einem Grünstreifen picknicken sehen. Mitten auf der Straße bildeten sich Kreise aus Menschen, weil jeweils in der Mitte entweder eine Tanzshow lief oder jemand seine Gesangskunst unter Beweis stellte. Die Geräuschkulisse war wie auf einem Musikfestival, wo man mehrere Bühnen zur gleichen Zeit hört. Alle drei Meter änderte sich die Geräuschkulisse und man wusste bei dem quirligen Treiben gar nicht, wo man zuerst hinschauen sollte.
Wobei San wusste es schon, denn die kleinen Häuser die links und rechts den Grünstreifen zierten, beherbergten meist Restaurants mit Korean BBQ, was für sie bedeutet, dass der Fleischgott ihr wohlgestimmt war. Schnell war klar, Vegetarier haben in der Stadt einen sehr schweren Stand. Sehr schwer! Aber für uns nach so vielen Wochen ohne richtiges Fleisch genau die richtige Abwechslung.
Obwohl erstaunlich viele Koreaner Englisch sprechen, deutlich besser mehr als z.B. in Japan, war ein Restaurant zu finden jeden Tag ein Abenteuer für sich. Vor allem, wenn sie keine Bilder im Menü oder an den Postern an der Wand verwenden. Mal deuteten wir einfach auf den Nachbartisch ohne zu wissen was genau sie da essen oder einer der Gäste erkannte die Situation und klärte uns über die Spezialitäten oder Empfehlungen auf. Daher haben wir unzählige Sachen gegessen, der Namen wir nicht wissen, aber eindeutig sagen können: Es war alles lecker.
Was ist es?
Unter der Woche arbeiteten wir meist bis Nachmittags/Abends in einem der vielen Kaffees, die schnelles und kostenfreies Internet anbieten. Anschließend schnürten wir die Schuhe und es ging auf Erkundungstour in die verschiedenen Viertel der Stadt. Die Stadtviertel sind alle sehr unterschiedlich und daher lässt sich für uns nur schwer ein „Das ist Seoul“ ableiten. Hier das quirlige Studenten-Ausgehviertel Hongdae, da das Businessviertel Gangnam, was sich wahrscheinlich am Besten mit New York vergleichen lässt. Bukchon Hanok erinnerte uns mit den verwinkelten kleinen Straßen und den alten Häusern mehr an Kyoto, hier noch eine Brise Tokio und da noch etwas Peking.
Die Stadt ist irgendwie alles, aber nichts so richtig. Trotz der großen Vielfalt, war es für mich leider eine sehr unfotogene Stadt. Irgendwie hätten wir es uns mehr wie bei unserem Besuch in Tokio oder Kyoto gewünscht bzw. vorgestellt.
Alpinaweiß
Die Hülle und Fülle an Shops mit Pflegeprodukten ist echt Wahnsinn. Der Schönheitswahn ist auf einem selbst für uns noch nicht gesehenem Level – und wir haben schon einiges in Asien gesehen. Ein Rundblick in der Metro Station oder Fußgängerzone genügt und man sieht die Mädels die Fensterscheiben und/oder aufgehängte Spiegel zum Nachschminken nutzen, wenn nicht gerade, wie sehr häufig gesehen, die Kamera ihres Smartphone die Funktion als Spiegel übernimmt. Praktischer Nebeneffekt, man kann dabei Selfies machen oder sogar Live gehen
Uns würde mal interessieren, wie lange eine Durchschnitts-Koreanerin morgens benötigt, um die vielen Schichten Weiß aufzutragen, um das erklärte Ziel „Alpinaweiß“ im Gesicht zu haben. Wir konnten leider nicht ganz klären, wo dieser Wahn herkommt. Neben den vielen Schönheitsidealen aus der westlichen Welt, gibt es auch den alt-römische Ansatz, um sich z.B. von den Bauern auf dem Feld abzugrenzen.
Sandra konnte es sich nicht nehmen lassen und ging mit Ruri in einen der Kosmetik Shopping-Paläste. Doch als Ruri so richtig in Fahrt kam, welche Produkte die besten für welche Schicht im Gesicht sind, hatte San das Gefühl, Ruri hätte zwischenzeitlich von englisch wieder auf koreanisch umgeschaltet, soviel verstand sie auf einmal nur noch.
Wer schön sein will muss leiden und da es zum guten Ton gehört dass man zum Schulabschuss mit 18 Jahren die erste Schönheitsoperation bekommt (Schlupflieder, Nase und Brüste sind die Top 3), kann man scheinbar anschließend auch alles dafür tun, um so weiß wie möglich aus dem Haus zu gehen.
Made in Korea
Auf der Tauchsafari im Komodo Nationalpark im letzten Oktober lernte ich die zwei Holländer Yvan und Lisette kennen, die seit 2, 5 Jahren in Seoul leben und uns eingeladen haben auf ihre Wohnung aufzupassen, während sie Heimaturlaub machen. Yvan gab uns noch jede Menge nützliche Tipps mit auf den Weg. So erklärte er uns u.a. dass es für alles, was wir an Apps und Webseiten kennen (Kartendienste, Messenger usw.) eine eigene „Made in Korea“ Version gibt, obwohl die anderen Apps (Uber, Google Maps, WhatsApp & Co) auch auf Koreanisch verfügbar sind. Frei nach dem Motto: Was nicht in Korea hergestellt wurde, taugt auch nichts. Dass sie dabei das Rad nicht neu erfinden, sondern nur abkupfern, interessiert da dann weniger.
App Empfehlungen
Subway Seoul (iOS/Google Play) - Metro App, perfekt um sich durch das dichte
Metronetz routen zu lassen
Naver Map (iOS/Google Play) - ähnlich Google Maps und TripAdvisor in einem
iTourSeoul (iOS/Google Play) - tolle Touren nach Interesse und aktuelle
Veranstaltungstipps
Es macht klick
Yvan und Ruri erklärten uns auch, dass der Auslöseton von Smartphone Kameras in Korea nicht abgeschaltet werden kann, da das per Gesetz verboten ist. Hintergrund ist, dass in der Vergangenheit wohl sehr viele versteckte Fotos und Videos in Umkleidekabinen, Treppen und Toiletten gemacht, und anschließend auf Internetseiten hochgeladen wurden.
Vorsicht: Smombies!
Das Jugendwort des Jahres 2015 ist wohl ebenfalls hier entstanden. Die Leute laufen ihren Smartphones hinterher wie einer Wünschelrute. Immer auf der Suche nach, ja nach was eigentlich … Ein Blick über die Schulter präsentierte uns meisten irgendwelche Spiele und Chat Fenster. So kam es, dass wir uns nach einiger Zeit daran gewöhnten, dass es weniger Augen, dafür umso mehr Körperkontakt gab, da die Smombies einfach gegen uns rannten, wenn wir ihnen nicht ausgewichen sind.
Verzaubert
In den darauffolgenden Tagen erkundeten wir weiter fleißig Tempel, Schreine und Stadtviertel und sind so viel gelaufen, wie schon lange nicht mehr. Durch etwas Glück entdeckte ich einen Beitrag, der von einer Moonlight Tour im Changdeokgung Palast berichtet und wenn man das Glück hat eins der begehrten Tickets zu ergattern, unbedingt machen sollte. Ich folgte einfach dem Link und konnte mein Glück kaum fassen, als für das kommende Wochenende noch genau zwei Tickets verfügbar waren. Ohne zu überlegen schlugen wir sofort zu, obwohl wir nicht so richtig wussten, um was es da eigentlich ging.
Zwei Tage später fanden wir uns zum Sonnenuntergang am Palasteingang ein und hatten den schönsten Abend unserer gesamten 3 Wochen in Seoul. Wir wandelten mit einer Laterne in der Hand wie zu St. Martin durch die heiligen Gemäuer und auf den Spuren des Königs, der einst den Palast nutzte. Immer wieder gab es tolle „Überraschungsmomente“ und unser lustiger Guide erzählte uns die passende Geschichte dazu. Das Ganze war sehr aufwendig gemacht und endete mit einer Tanzshow und Schattentheater, dem wir so gespannt folgten, als wäre es der erste Mondflug gewesen, so schön war es.
70+
Natürlich durfte ein Besuch beim CrossFit (Hannam Sentinel und Gym Phoenix) nicht fehlen, so konnten wir in zwei Boxen trainieren.
Da San noch etwas gesundheitlich angeschlagen war, sollte ich bei einem Hiking Trip in den Bukhansan National Park gleich mal zeigen ob das Training der letzten Wochen auch was gebracht hat. Hatte ich mir vorgestellt, das es mehr eine 5 Stunden Wanderung wird, wurde ich gleich schon auf den ersten Metern eines Besseren belehrt.
Es ging steil hinauf, sehr steil! Was die 70-jährigen Rentner neben mir scheinbar nicht wirklich zu stören schien. Strammen Schrittes ging es zu einem der vielen Berggipfel, um oben angekommen ein ausgiebiges Picknick zu machen und den ein oder andern Soju zu trinken der es uns, abseits vom Wandern auch sehr angetan hat. Die Aussicht war sensationell! Über den Dächern der 10 Millionen Metropole, einmal um den Berg herum diese tolle Sandsteinfelsen Berglandschaft soweit das Auge reicht. Es war traumhaft und das Beste ist, dass es sich bequem mit der Metro von uns aus in 20 Minuten erreichen lässt.
Fazit
So richtig ist der Funkt zwischen uns und Seoul nicht übergesprungen. Wir hatten eine tolle Zeit und es war interessant alles mal zu sehen, aber direkt noch mal hin wie nach Barcelona, Tokio, Kyoto oder Bangkok müssen wir wohl erst mal nicht.