Wüsten-Safari und blaue Elefanten – Jaisalmer und Udaipur

27.08.-02.09.2016 ::

Während wir uns an die vielen Menschen die morgens auf dem Bahnsteig liegen inzwischen genauso gewöhnt haben, wie an den netten Mann, der mit seinen Chaaaaai, Chaaaai-Rufen seinen kochend heißen Chai-Tee an den Mann bzw. die Frau bringen möchte, werden wir uns mit den unchristlichen Abfahrtszeiten der Züge wohl nie anfreunden.

Langsam haben wir alle Zugklassen durch, denn heute stand 1AC auf unserem Ticket. 1AC bedeutet zwei Betten, die hochgeklappt werden können, in einem Abteil mit Klimaanlage und Ventilator. Also im Verhältnis zu unserer Zugfahrt von Agra nach Jaipur ein krasser Kontrast.

Nachdem ich erst mal in alter MacGyver Manier (hab ich von meinem Dad) mit nur „einem Streichholz und einem Kugelschreiber“ die klappernde Schreibe repariert habe, konnten wir uns hinlegen und ein, zwei Stunden Schlaf nachholen, was wir dringend nötig hatten.

Als wir aufwachten, hatte sich bereits die Landschaft von sehr grün mit vielen Bäumen in flaches Steppenland verwandelt und man konnte deutlich den Einfluss des Wüstenklimas spüren. Nach 6 Std. Fahrt erreichten wir unser Ziel Jaisalmer und konnten unseren Augen kaum glauben. Der scheinbar nigelnagelneue Bahnhof sah aus wie eine Fata Morgana eines indischen Bahnhofs. Hell, freundlich, sehr sauber und überhaupt keine Menschen auf dem Boden.

Mit Jaipur (Rosa Stadt) und Jodhpur (Blaue Stadt) kam nun Jaisalmer als Goldene Stadt hinzu.  Den Namen verdankt sie dem sandsteinfarbenen Fort und Häusern, die spätestens in der Abendsonne golden glänzen.

Sie gilt als eine der Hotspots für Rajasthanreisende, möchten doch viele genau wie wir eine Wüstensafari auf dem Kamel machen. Die Anbieter wetteifern um die Wette doch wir entschieden uns für den etablierten Anbieter Sahara Travel. Somit starteten wir am nächsten Nachmittag zur 2D1N (2 Tage und 1 Nacht)-Safari.

Mit dem Jeep ging es mit leichtem Gepäck (einem Daypack) los Richtung Wüste, während unsere restlichen Sachen im Hotel Tokyo Palace blieben.
Zuerst stand ein Besuch des Kai Shri Lake auf dem Plan, der, wenn er Wasser führt, wie jetzt am Ende der Regenzeit, eine wichtige Wasserversorgung für die umliegenden Dörfer ist. Das Wasser wird dann meist von Frauen in Krügen kilometerweit abtransportiert. Ist der See leer, ist die Strecke, die sie zur nächsten Wasserquelle zurücklegen müssen entsprechend länger.

Da die Thar-Wüste früher eine der wichtigsten Handelsrouten zwischen der Türkei, Indien und China gewesen ist, blühte das Leben in einigen der Wüstenstädte gerade zu auf. Davon konnten wir uns beim nächsten Halt in Kuldhara, dem Überbleibsel einer jener Städte, ein Bild machen. Heute stehen dort nur noch Ruinen, da nach dem Schließen der Grenze zu Pakistan schnell ihre Bedeutung verloren ging und somit dient sie heute nur noch als Museum.

Dann endlich war es soweit und wir tauschten 4 Reifen gegen vier Beine, denn die Kamele warteten schon gesattelt auf uns. Das schaukelige Aufstehen der Wüstentiere wurde von unseren 12 Mitreisenden mit Hui- und Hoppla-Rufen kommentiert, steht ein Kamel ja erst vorne (auf die Knie), dann hinten und dann wieder vorne auf, was bedeutet dass man zwischenzeitlich ganz schön schräg im Sattel hängt

Los ging der Ausritt durch das Steppenland, ist die Thar-Wüste weniger eine reine Sandwüste wie man sie sich vorstellt als ein Steppenland mit Sanddünen zwischendrin. Es war fantastisch die tolle Natur mit ihrer scheinbar endlosen Weite zu sehen. Immer wieder änderte sich die Szenerie von grün zu sandig und wieder zurück.

Am Camp angekommen, fingen unsere Guides gleich mit den Vorbereitungen für das Abendessen an, während wir den Sonnenuntergang genießen konnten. Passend zu den letzten Sonnenstrahlen riss die Wolkendecke nochmal auf und färbte den Himmel in ein orange-rotes Farbenmeer.

Es ist immer wieder faszinierend mit was für rudimentären Kochmöglichkeiten und -utensilien leckeres und vielfältiges Essen gezaubert werden kann. Gesättigt ging es dann auf unsere Liegen, die wir, nachdem in der Nacht zuvor der Himmel seine Schleusen maximal geöffnete hatte, sicherheitshalber mal in der Nähe der einen vorhandenen Lehmhütte positioniert haben. Eigentlich wollten wir den Sternenhimmel über uns beim Einschlafen in seiner vollen Pracht sehen, hatten wir nur noch all zu gute Erinnerungen an unsere Serengeti-Safari letztes Jahr in Tanzania.
Es fing jedoch zu tröpfeln an – von Sternen keine Spur.

Freiheit

Es muss 1998 gewesen sein. Frankreich ist gerade im eigenen Land Fussball-Weltmeister geworden und es war der erste Sommer in dem ich meinen Führerschein hatte. Ich war nachts auf dem Nachhauseweg als es anfing zu tröpfeln. Ich fuhr rechts ran und schaltete das Radio aus, was in jener Zeit nur selten vorkam. So lauschte ich in meinem A-Corsa sitzend dem leichten, fast schon melodischen Tröpfeln auf meinem Dach, während ich in der warmen Sommernacht mit dem tollen Ausblick auf die Lichter der Stadt ein unbeschreibliches Gefühl von Freiheit empfand. Ein ähnliches Gefühl suchte mich heim, als ich in meiner Regenjacke eingehüllt, den stärker werdenden Regentropfen lauschend, auf meiner Kapuze einschlief.

Als wir in der Nacht dann aufwachten, waren die Regenwolken teils verschwunden und ließen einen kleinen Blick auf den Sternenhimmel zu. Phase zwei der Nacht hatte gerade begonnen, die Moskitos machten sich über uns her. San zog ihre Kapuze so zu, dass nur noch ihre Nasenspitze zu sehen war, die wiederum mit Anti-Mücken-Zeugs eingerieben war. Ich tat das gleiche. Passend zur Morgendämmerung startete dann die Phase drei und die Moskitos wurden von nervigen Fliegen abgelöst, gegen die wahrscheinlich nur eine Dusche, die es nicht gab, geholfen hätte.

Nach einem einfachen aber leckeren Frühstück ging es via „Karamel-Kamel“ (wieder so ein neues Wort von Sandra) durch die Natur zurück zum Jeep, der uns zurück nach Jaisalmer bringen sollte.

Udaipur – die Stadt am See

Gestern noch in der Wüste, heute umgeben von grünen Hügeln und mitten in der Stadt ein großer See. Willkommen in Indien. Willkommen in Udaipur.

Was uns sofort auf der Fahrt vom Flughafen ins Hotel auffällt: Leute, Geschäfte und Häuser wirken viel moderner und es liegt deutlich weniger Müll (mal abgesehen von Jaisalmer) herum. Kühe stehen aber immer noch gerne im Mittelpunkt des Geschehens. Wie werden wir es vermissen, mit dem TukTuk Slalom um die auf den Boden liegenden oder sitzenden Tiere zu fahren. Wobei wir mittlerweile eigentlich fast nur noch UBER fahren, die aber ebenfalls die heiligen Tiere umkurven müssen

Wir wohnen mit dem Lassi Guest House mal wieder mitten drin und können alle Sehenswürdigkeiten wie den City Palast bequem zu Fuß erreichen.

Die Stadt erhebt sich vom Ufer des Sees direkt in die grünen Berge und erinnert uns ein wenig an unseren letzten Besuch am Gardasee. Fehlt nur noch die leckere Pizza und der gute Wein . Pizza ist hier kein Problem zu bekommen, Wein allerdings nahezu unmöglich, guten schon gar nicht.

Priester des Tempels.

Auf dem Weg zum City Palast kamen wir am nächsten Morgen zunächst am Jagdish Mandir Tempel vorbei, aus dem ein melodischer Singsang ertönte, während wir noch vor dem Eingang von traditionell gekleideten Frauen bunte Blumengaben kauften. So ging es für uns erst mal dort hinein. Wir mischten uns unter die Betenden und lauschten einige Zeit den tollen Rhythmen, die einen bestimmt auch in eine Art Trance versetzen können.

Hörprobe:

Nach dieser tollen Zeremonie standen wir an der Kasse zum City Palast und schauten nicht schlecht, als das Benutzen der Kamera noch mal genauso viel kosten sollte, wie der Eintritt selbst. Aus Prinzip schon entschieden wir uns dagegen, daher gibt es keine Bilder, ergo keine Werbung von unserer Seite!

Das Innere war dann ganz nett aber auch nicht mehr. Fairerweise muss man aber auch sagen dass wir nach so vielen Stationen vielleicht einfach mehr als ausreichend Forts und Paläste gesehen haben und keiner an den in Jodhpur rankommt. Aber das weiß man ja bekanntlich erst hinterher – wenn man es gesehen hat.

„Wann hast du zuletzt etwas zum ersten Mal gemacht?“

Der Slogan stand anschließend an der Wand eines gemütlichen Cafés mit Blick auf dem See, in dem wir für einen Cafe-Break stoppten. Wie es der Zufall manchmal so will, sollten wir keine Stunde später mit dem Nachbarn von unserem Guesthouse ins Gespräch kommen, der uns für den nächsten Vormittag einen Painting-Workshop (malen) angeboten hat.

So ging es nach dem Frühstück und dem Check-out nach nebenan um blaue Elefanten und Pfauen zu zeichnen bzw. malen. Zuerst zeigten uns Chirag und sein Vater via Skizzen auf weißen Papier, wie wir die Tiere vorzeichnen sollten,  bevor es an die alten, indischen Postkarten ging.

Es war super schwierig die vielen kleinen Details aufs Papier zu bringen aber mit freundlicher Unterstützung der Familie, sollten wir nach knapp drei Stunden ein tolles Ergebnis in den Händen halten. Mein Opa wäre stolz auf uns.

Als drittes und letztes Verkehrsmittel stand nach dem Zug und Flugzeug der Bus nach Ahmedabad auf dem Programm. Wir wollen nichts unprobiert lassen .

Für die nicht ganz 200 Km benötigt man trotz der fast ausschließlichen Nutzung des Highways (Autobahn) 4,5 Stunden! Das wunderte mich nach den ersten Kilometern nicht, da auch auf der Autobahn die Kühe die Fahrbahn fest im Griff haben und gemütlich an der mittleren Leitplanke in aller Ruhe liegen, während die LKW’s und Busse an ihnen wenige Zentimeter entfernt vorbeirauschen. Das geht auf keine Kuhhaut.

Unsere Reise führt uns raus aus Rajasthan und in die Studentenstadt Ahmedabad zu unseren ehemaligen Nachbarn, wo wir ein paar Tage verbringen werden.

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