Krasse Kontraste – Kolumbiens Karibikküste

Nachdem unsere erste Station in Santa Marta eher als nicht beeindruckend und abschreckend zu bezeichnen ist, gab es für uns mit Cartagena dann doch noch Licht am Ende des Tunnels bzw. der Karibikküste Doch der Reihe nach.

12.-24.10.2016
Hinter Gittern

Dass Santa Marta nicht mit einer schönen Kolonialstadt auf uns warten würde, wussten wir. Dass die Stadt und Umgebung aber optisch so rein gar nichts zu bieten hat, überraschte uns dann schon, malten wir uns aus, dass wir nach langer Zeit mal wieder die Füsse in den Sand stecken, und eine Runde in der Karibik planschen gehen können.

Nach der Ankunft mit dem Mittagsflieger von Viva Colombia aus Medellin ging es auf Stadterkundung und schnell wurde klar, an dem Strand mag man weder liegen noch verweilen. Vor uns legte gerade ein riesiger Frachter ab, der wahrscheinlich die Dole-Früchte – Bananen und Ananas – die von hier stammen, nach Deutschland bringt.

Zurück in unserer süßen Unterkunft Casa del Escritor, wies uns der Besitzer noch mal darauf hin, dass wir die massive Gittertür immer direkt hinter uns mit dem noch massiveren Vorhängeschloss verschließen sollten. Abends vergitterte er dann noch den Zugang Innenhof und zum Balkon und wir fühlten uns endgültig wie im Gefängnis. Da beruhigte uns auch nicht dass am Ende alle Häuser hier so verschanzt sind.

Gefühl von Sicherheit

Das weckte nicht gerade ein Gefühl von Sicherheit in uns, lud der Ort so schon nicht zu Spaziergängen nach Einbruch der Dunkelheit ein.

Da war es wieder, das Gefühl, dass wir zuletzt bei unserer Mittelamerika-Reise 2014in Guatemala und Mexiko schon hatten und aus Asien so nicht kennen. Das Gefühl nicht sicher zu sein. So überlegt man sich dreimal was man mitnimmt, wenn man auf die Strasse geht und passt viermal so gut darauf auf, sobald man das Haus verlassen hat. Auf der Strasse angekommen gibt es immer wieder einen Informationsaustausch zwischen uns, sobald in unserem Radius sich Jemand komisch verhält oder für uns auffällig ist: „Ich glaub wir haben einen Schatten. Halt mal kurz an.“.

Als uns mitten am Tag ein Mann mit einem Schraubenschlüssel in der Hand entgegen kam, spannte sich automatisch jeder Muskel meines Körpers und ging in allerhöchste Alarmbereitschaft. Nachdem er passiert hatte, fragte ich mich dann nach dem „Warum“. Der gute Mann wollte wahrscheinlich nur sein Auto reparieren oder den hinter uns ausrauben

Dieses Gefühl kennen wir aus all den Reisen in Asien nicht, hier laufen wir wie es uns gerade gefällt zu jeder Tageszeit durch die (Groß)-Städte und passen z.B. auf unsere Sachen im dichten Gedränge von Hongkong nicht mehr auf als zu Hause und wenn uns 10 Automechaniker in Kambodscha entgegenkommen, würden wir das wahrscheinlich nicht mal mitbekommen.

Doch warum ist das so? Auch wenn uns, Gott sei dank, noch nichts Schlimmes passiert ist? An die Polizei und das Militär die nahe zu überall vertreten sind, wo wir uns in Kolumbien bewegten, haben wir uns mittlerweile schon gewöhnt und diese sollten eigentlich ein Gefühl der Sicherheit geben. Sie verdeutlichen aber auch, dass es scheinbar notwendig ist, dass sie präsent sein müssen. Die Reiseführer aller mittel- und südamerikanischer Länder tragen ihren Teil dazu bei, denn gefühlt auf jeder zweiten Seite weisen sie auf alltägliche Gefahren oder Ärgernisse hin und dann sind da noch die vielen Horrorgeschichten der anderen Reisenden, die dieses Gefühl verschärfen.

Kürzester Tagesausflug

Um mal ein paar Tage am Meer zu entspannen, schauten wir uns an einem Tag den kleinen Fischerort Taganga an. Zum Glück erstmal testweise und ohne Gepäck, denn dieser Tagesausflug wurde der kürzeste aller Zeiten. Mit dem Collectivo ging es von Santa Marta aus 15 min rüber in die kleine Nachbarbucht. Was uns dort erwartete war eine verdreckte und mit Booten zugestellte Bucht und so überhaupt kein Ort zum Verweilen. Allein deshalb schon nicht, da Strassenverkäufer wie lästige Fliegen um uns herumschwirrten und nur schwer abzuschütteln waren. Am anderen Ende der Bucht (nach zehn Minuten) angekommen, fuhr gerade der Bus für Santa Marta ums Eck. Wir schauten uns an: „Wollen wir?“ So geht der Ausflug als der kürzeste in unser Reisegeschichtsbuch ein – und nein es gibt kein Foto

Es wird nass

Abends lernten wir dann die zwei sympathischen Münchner Galina und Manuel, die nun in der Schweiz leben, in unserer Unterkunft kennen. Diese berichteten uns vom Tayrona National Park (TNP), den wir gerade überlegten per Tagesausflug zu besichtigen. Da die zwei nicht gerade euphorisch waren, sparten wir uns das Geld und die Zeit und planten lieber zusammen mit den Beiden für den nächsten Tag einen Ausflug in das nahegelegene Bergörtchen Minca.

In Minca war mal wieder Wandern für Sandra angesagt, wobei diesmal die Strecke mit 1,5 Std. pro Weg deutlich kürzer ausfiel als in Salento. Allerdings war die Landschaft nicht ansatzweise so beeindruckend. Doch mit Galina und Manu hatten wir zwei tolle Gesprächspartner und so erreichten wir unser Ziel, den Wasserfall Pozo Azul wie im Flug. Manu und ich gingen in dem sehr erfrischenden Wasser erst mal Baden bevor ein Gewitterregen die Schleusen über uns öffnete und keine Ende mehr nehmen wollte. Gefangen unter dem Vordach eines kleinen Kiosks rettete uns irgendwann ein Taxi.

Karibikperle Cartagena

Nach so viel Ernüchterung fiel uns der Abschied von Santa Marta nicht all zu schwer und es ging die 5 Std. mit dem Bus weiter nach Cartagena.

Was ein Traum! Die Altstadt von Cartagena wird von den Einheimischen als Perle der Karibik bezeichnet und als die schönste Kolonialstadt Südamerikas gefeiert. Ohne dass wir Referenzen aus anderen Ländern haben, fühlt man sich schnell geneigt diesen Aussagen zuzustimmen. Die fast komplett restaurierte Altstadt mit den wunderschönen und mehr als 500 Jahre alten bunten Häusern mit ihren geschmückten Balkonen und die kleinen Gässchen mit den vielen Restaurants und Cafes verleihen dem Ort ein entspanntes Ambiente und laden zum Verweilen ein. Kein Wunder also, dass es als Weltkulturerbe aufgenommen wurde und wir unsere Zeit hier erst einmal verlängert haben.

Getsemani

Daniela hat unsere Airbnb Unterkunft gerade erst aufgemacht und so war das Haus noch nicht voll ausgestattet, was aber für uns kein Problem war, ist die Lage unschlagbar. Das Viertel Getsemani war früher das Sklaven- und Arbeiterviertel und hat sich erst in den letzten Jahren zu einem Szene- und Backpackerviertel mit vielen Hostels und günstigen lokalen Essensmöglichkeiten entwickelt. So ist der von uns nur 30m entfernte Plaza del Trinidad am Abend Haupttreffpunkt für Straßenartisten und Essensstände. Jeden Abend gab es eine andere Performance von Michael Jackson bis hin zum kostenlosen Zumba-Kurs zum Mitmachen. Das Leben hier spielt sich eben auf der Strasse ab.

So genossen wir das Treiben auf dem Plaza und lernten spannende Menschen kennen, wie Tahanie und Marcel aus New York, mit denen wir uns gleich für einen der darauffolgenden Tage noch mal verabredeten. Oder Johannes alias Justus Jonas und seine beiden Jungs, mit denen wir dann kurzerhand in einem Club endeten, in dem es schwierig war zwischen Prostituierten und Gästen zu unterscheiden – aber die Cuba Libre waren gut 

Strassenkunst

So viel Umschwung in kurzer Zeit hat nicht nur positive Effekte sondern ähnlich wie in anderen Großstädten auch hier den der Gentrifizierung – viele Bewohner werden aufgrund der stark steigenden Preise, z.B. der Nebenkosten vertrieben. Diesem Thema und vielen weiteren sozialkritischen nehmen sich die Streetart-Künstler an. Die tolle und sehr informative Cartagena-Streetart-Tour von Christophe, ist eine „kostenlose“ 2 Std. Führung und brachte uns zu tollen Wandgemälden und gab uns jeden Menge Hintergrundinformationen zu den schon fast fotografischen Kunstwerken.

Bean-2-Bar

Nach Sandras Silberworkshop auf Bali und unserem Zeichen-Workshop in Udaipur stand nun mit dem „Bohne zu Schokoladenriegel“ ein weiterer Workshop für uns auf dem Programm. Im Choco Museum lernten wir alles über die leckeren schwarzen Kakaobohnen, die aus Südamerika stammen und bereits von den Maya 2.000 Jahr v.Ch. zubereitet wurden, bevor die Spanier sie dann in der ganzen Welt verteilten. Heute kommen 70% aller Kakaobohnen übrigens aus Afrika.

Wir mussten aber auch lernen dass die Verarbeitung, die immer noch größtenteils per Hand passiert, schwere Arbeit ist und werden ab jetzt jede Schokolade, die wir essen voller Ehrfurcht auf unserer Zunge zergehen lassen. Guillermo, unser Workshopleiter wurde nicht müde uns im besten Englisch alles genauestens zu erklären und anschließend noch mal abzufragen, während wir erst einen Maya-Tee, der aus den Hüllen der Bohne gemacht wird, und dann heisse Schokolade tranken, um anschließend unsere eigenen Pralinen herzustellen.

Unsere spannende und abwechslungsreiche Zeit in Kolumbien neigt sich dem Ende. Nachdem uns die sehr feuchte Hitze in Cartagena echt zu schaffen gemacht hat, freuen wir uns nun auf eine frische Brise Meeresluft. Für uns geht die Reise mit einem 5-Tage Segeltörn weiter nach Panama. Auf der Webseite des Anbieters Blue Sailing kann man dann aber Dienstag (25.10) per Live GPS-Tracking unsere Route verfolgen. Unser Boot heisst ZOE.

Neue -sehr bunte- Bilder sind online.

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Ein Stück Paradies – Segeltörn San Blas

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Es gibt immer was zu tun – Medellin